Hallo,
ich melde mich mal wieder mit ein paar Deutschland-England-Vergleichen und Dingen, die mir die letzten Tage aufgefallen sind. Ich bin, mal wieder, krank. Es ist wieder kein Corona, keine Ahnung, wie ich das immer hinbekomme mich mit allem anderen zu infizieren. Ich vermute eine lästige Sinusitis. Nach über einer Woche Beschwerden und da ich seit Dienstag nun auch meine Zeit im Bett verbringe, dachte ich mir, ich würde gern mal zur Sicherheit einen Arzt kontaktieren. Man weiß ja nie, es könnten ja Bakterien sein, die dann mit Antibiotika behandelt werden müssten. Da bringt dann selbst Handtuch überm Kopf und heißes Wasser inhalieren nichts. Aber nicht mit dem englischen NHS Gesundheitssystem…
Zunächst wird man aufgefordert zur Apotheke zu gehen. Gut, hatte ich schon gemacht, bisher keine Besserung meiner Symptome durch Medikamente. Dann sagen sie dir auf einer Webseite, dass du dich dann gern in drei Wochen beim Arzt melden kannst, wenn sich nichts verändert hat. Bist du aber kurz vorm Sterben, ruf bitte 999 an - dazwischen gibt es nichts.
Ich habe heute mein im-Bett-sein kurz unterbrochen, um meinen 13ern bei der mündlichen Deutschprüfung beizustehen und habe dann mal ein paar Kollegen gefragt, welche Möglichkeiten ich noch habe. Dazu muss man erwähnen, dass ich morgen nach London gefahren wäre, um am Abschlussseminar teilzunehmen. Um mein Zugticket stornieren zu können, brauche ich eine Krankschreibung.
Mir wurde dann empfohlen, einfach beim Arzt anzurufen und ein bisschen rumzuningeln, damit ein Arzt mich zurückruft und mir dann gegebenenfalls einen Termin vor Ort geben kann. Hat nicht geklappt… keine Termine… So etwas wie eine Akutsprechstunde gibt es auch nicht. Zwecks Krankschreibung haben sie mir gesagt, dass ich mir die im Internet auf ihrer Webseite anfordern und herunterladen kann. Nach weiterem organisatorischen Stress, weil ich mich dort erst anmelden musste (natürlich wieder mit Reisepass Verifizierung), fand ich heraus, dass man eine Krankschreibung unter sieben Tagen selbst bezahlen muss… ohne Worte. Generell wird gesetzlich die Krankschreibung vom Arbeitgeber erst nach sieben Tagen verlangt, daher die Regelung. Hätte ich angegeben, dass ich denke, länger als sieben Tage auszufallen, hätte ich sie vermutlich bekommen. Was wir daraus lernen? Das NHS ist ein Saftladen und wir können sehr froh über das Gesundheitssystem in Deutschland sein!
Noch etwas, das mir bezüglich der englischen Mentalität aufgefallen ist. Ich fühlte mich vorhin im Gespräch mit den Kollegen zurück in die Uni versetzt, wo mir vor ein paar Semestern meine englische Dozentin sagte, dass das Leistungsdenken der Engländer noch viel schlimmer sei als das der Deutschen. Das konnte ich damals nicht so richtig glauben. Jetzt kann ich es nur bestätigen. Ich wurde also vorhin gefragt, ob ich dennoch nach London am Wochenende fahren werde. Ich erwiderte, dass ich mich dazu nicht fit genug fühle. Dazu wurde mir folgendes entgegnet: „Ach, fahr doch mit, es wird dir bestimmt bald besser gehen“, „Ruf beim Arzt an und der soll dir was starkes verschreiben und dann nimmst du davon so viel ein, wie du kannst“, „Ich hatte mal Sinusitis für acht Monate durchgängig und musste ja noch unterrichten, bei mir haben dann auch keine Medikamente mehr so richtig geholfen“…
Ich bleibe nun also zu Hause und kuriere mich aus, damit ich meine letzten zwei Wochen in der Schule genießen kann.
Ach so, meine 13er haben scheinbar einen richtig guten Job mit ihren mündlichen Prüfungen gemacht und ich bin sehr froh, dass ich sie heute unterstützen konnte, auch wenn ich selbst wie ein Schluck Wasser in der Schule hing, aber es war ja nur für zwei Stunden und zum Glück musste ich nur ein bisschen deutschen Smalltalk führen und vor allem ein emotionaler Beistand sein. Hab natürlich brav Maske getragen, am Fenster gesessen und Abstand gehalten. Danach bin ich direkt wieder ins Bett und hatte einen sehr erholsamen Mittagsschlaf. ☺️
Bis bald
Céline
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